Der Ghul hat mich in den Kommentaren zu meinem letzten Beitrag darum gebeten, einmal auf die Regierungsmaschine des Adventurer, Conqueror, King - Systems, kurz ACKS, einzugehen. Das dauert etwas länger, denn es gibt nicht eine, sondern deren mehrere, nach Klassen verteilt.
Aber, fangen wir woanders an.
Viele Aspekte des Regierungskapitels lassen sich nur erklären, wenn die Zwiebelschichten der Weltenerschaffung bekannt sind.
Kapitel Zehn des Buches - Secrets - beschreibt die Erschaffung einer Kampagnenwelt mit klassischem Wabenraster im top-down-Ansatz. Der SL solle zwei Arten von Karten, eine Regionale und eine Lokale für die Kampagne vorbereiten; bei der ersteren hat jede Wabe einen Durchmesser von 24 Meilen, bei der zweiten einen von 6 Meilen haben. Als Standard - Wabenraster wird eine Karte mit 30 x 40 Feldern angenommen.
Das sieht zum Beispiel so aus, in den vergangenen Tagen gezeichnet:
Eine Karte für eine Kampagnenidee, die den Arbeitsnamen Wyrmwall trägt. (Mich beschleicht das Gefühl, den habe ich irgendwo unbewusst geklaut. Wenn dem so sein sollte, möge mich der Autor benachrichtigen, dann ändere ich den Namen). Zum Setting nur soviel: Unten die Römer, oben die Orks und Germanenstämme, die Zwerge als Puffer/Vasallen dazwischen, links und rechts der Ozean.
Es folgt eine Einteilung von Gebieten in Kategorien: Imperium, Königreich, Fürstentum, Herzogtum, Grafschaft, Mark, Baronie, in absteigender Größe. Die obige Karte im 24-Meilen - Maßstab, so sagt mir der Text, deckt entweder ein Imperium, oder mehrere Königreiche ab (wohl eher letzteres), im 6 - Meilen Maßstab wäre es ein "robustes Fürstentum" von 18000 km² mit nochmal soviel Fläche an unerforschter Wildnis (was für mein Vorhaben wohl eher passend ist.)
Kommen wir zum nächsten Schritt: Bevölkerung und Einkommen. Die Tabellen sagen mir, das über den dicken Daumen gepeilt der Herrscher des vorhandenen Fürstentums (nennen wir ihn mal Tribun Maximus) schlappe 400.000 Goldmünzen im Monat einnimmt.
Ich darf mir nun aussuchen, wie die Bevölkerungsdichte der Provinz aussieht. Als Masstab werden das mittelalterliche England (für die niedrigste Bevölkerungsdichte) und das mittelalterliche Frankreich (für die höchste) und ein paar andere Beispiele genannt; ich wähle Das Alte Rom mit 300 Familien (jeweils 4 Personen im Schnitt, Familien sind die Bevölkerungseinheit, die für das gesamte System zum Tragen kommt) als Maßstab, womit ich bei 600 Waben auf 18000 Familien oder 72000 Einwohner komme.
(Ich könnte und müsste das jetzt noch in Unterdomänen aufdröseln, die von den Vasallen des Maximus regiert werden, aber das spar ich mir mal und nehme eine Abkürzung.)
Als nächstes wird bestimmt, welche und wieviele Städte es in dem Gebiet gibt. Als Faustformel wird hier angegeben, das 10% der Gesamtbevölkerung in Städten lebt, und das 20% davon in der größten Siedlung des Landes leben. Ich kann dann noch anfangen, das ganze zu modifizieren nach urbaner und ländlicher Region, zentralem oder dezentralen Herrschaftsstil, aber das lasse ich jetzt mal ganz einfach.
Ich komme also zu dem Ergebnis, das 72000 Einwohner der Provinz in Städten leben, und das die Provinzhauptstadt, in der Maximus sein Zelt aufgeschlagen hat, 18.000 Einwohner hat - eine "Large City". Der Rest der Urbanen Bevölkerung verteilt sich auf sukzessive kleiner werdende Siedlungstypen bis runter zum "Hamlet". (Ich wittere einen Fail - wo leben denn die anderen 16200 Familien? In einzelnen Gehöften?)
Einschub.
Jede Siedlung hat eine Marktklasse von römisch eins bis römisch sechs, welche in aufsteigender Reihenfolge die Verfügbarkeit von Ausrüstung, Waren, und Mietlingen (letzteres sehr umfangreich) diskutiert, und einen Einfluss auf andere Aspekte einer Stadt hat (wie, die Personenstärke der örtlichen Unterwelt).
Einschub Ende.
Den nächsten Schritt (Angebot und Nachfrage für 30 Kategorien an Handelsgütern zu bestimmen, von Getreide über Waffen und Edelsteinen bis Monsterüberresten) überspringe ich jetzt mal gepflegt, nur so viel, man kann es, und es fließen einige Faktoren in die Berechnung mit ein.
Nun kann ich die Stufen der NSC bestimmen. Es wird eine demographische Tabelle präsentiert, in der die Anteile von Charakteren jeder Stufe von 1-14 angegeben ist, und wieviele Charaktere jeder Stufe in einer Domäne vorhanden sind. Ich schlage nach, und erfahre, das in der Provinz ca. 60.000 Charaktere der ersten Stufe, 20000 Charaktere der 2. usw. und maximal 1 Charakter der 12. Stufe vorhanden ist.
Ich überspringe ein wenig, und mache mich an die Erschaffung der Start - Stadt, die für die ersten Abenteuer die Heimatbasis der Charaktere sein soll. Ich wähle dazu eine "Small Town" und kann (Überraschung!) in einer weiteren Tabelle nachlesen, das hier insgesamt 425 - 640 Menschen zu Hause sind, von denen 72 Kämpfer, je 36 Diebe und Kleriker, und 18 Magier sind. Der Herrscher ist mindestens ein Charakter der 5. Stufe, wenn die Stadt unabhängig ist, oder der 9., wenn die Stadt einer anderen Domäne angehört. Die örtliche Diebesgilde hat 42 Angehörige, ihr Boss ist ein NSC der 7. Stufe, und nimmt monatlich knappe 5000 GM ein.
Jetzt käm noch was über Verliese, aber das spielt für das Herrschaftssystem keine Rolle.
(Schnitt)
Springen wir nun in das Kapitel Sieben, "Campaigns". Hier sind die eigentlichen Regeln für das Endgame, unterteilt nach Magischer Forschung, Domänenverwaltung, Verbrechersyndikaten und Handelsgilden.
Domänen
Als Domäne wird ein Bereich von 1 bis 500 Quadratmeilen bezeichnet, den ein wackerer Eroberer zunächst einmal von Monstern und Rivalen säubern und sichern muss, bevor er hier mit dem Regieren anfangen kann.In weiteren Detailschritten wird die Natur des Gebietes (Wildnis, Grenzland, Zivilisiert) und der Reichtum der Domäne ein Faktor, und schlussendlich, wie viel Gold der Abenteurer aus jeder Bauernfamilie zieht. Ist die Domäne reich genug, kann der Abenteurer sich auf den nächsten beiden Seiten und in der Kampagne mit dem Bau einer Festung beschäftigen, welche, natürlich, eine Menge Gold und Zeit kostet. Dafür wird der Schlösslebauer aber mit der Zuwanderung von Bauernfamilien belohnt (die ja die Grundlage seiner Einnahmequelle sind), und die Anhänger erscheinen portionsweise während verschiedener Stadien des Baus.
Läuft die Domäne erst einmal, kann es Fluktuationen in der Bevölkerungsdichte geben, die zunächst zufällig bestimmt wird (W1000 - W1000, im Prinzip), und schafft der Herrscher es, sein Gebiet von Monstern und Gefahren frei zu halten, erhält er einen Bonus auf den Bevölkerungsszuwachs in seinem Herrschaftsbereich (nach Größe gestaffelt). Der Herrscher kann auch Gold für landwirtschaftliche Urbarmachung ausgeben, wodurch er weitere Bauernfamilien anzieht (1W10 für je 1000 GM).
Der Charakter erhält Einkünfte aus Steuern und Abgaben seiner Bevölkerung, die durch den Reichtum des Landes vorgegeben sind, und durch die Steuerquote angepasst werden können, was wiederum Einfluss auf die Moral seines Volkes hat. Ist der Abenteurer mächtig genug, hat er vielleicht Vasallen, die ihm ebenfalls Tributzahlungen schulden.
In der Ausgaben - Liste erscheinen neben den Steuern für die Kirche und den Lehnsherren auch die Kosten für die Aufrechterhaltung von Festungen und Garnison, sowie Feste (die eine Menge Geld kosten, der Herrscher aber vier Mal im Jahr geben muss, um die Moral aufrechtzuerhalten). Mehr Feiertage, mehr Loyalität.
Die Moral und Loyalität wird durch die Gesinnung des Herrschers, Steuern, Feiertage und andere Faktoren beeinflusst und ändert sich einmal alle 3 Monate (Wurf mit Modifikatoren).
Die Verwaltung von Städten wird dann nochmal in einem Extra - Teil diskutiert, ebenso die von Chaotischen, Elfischen und Zwergischen Domänen.
Das Anwerben von Soldaten wird im Ausrüstungskapitel besprochen, und ist von der Marktklasse abhängig.
Wollte Tribun Maximus in seiner Hauptstadt also Truppen rekrutieren, könnte er 3W4 leichte Infanteristen, 1-2 mittelschwere Kavalleristen, und 1W3 Bogenschützen rekrutieren, die ihn 1W6+4 GM pro Typ und Woche kosten.
Verbrechersyndikate
Diebe, Meuchler und anderes zwielichtiges Spielercharaktergesindel erhalten einen Sonderteil, in dem auf den Aufbau und Betrieb eines Verbrechersyndikates eingegangen wird. Dabei spielen die Größe der Stadt und die daraus resultierende Marktklasse des Ortes eine Rolle.
Der Boss kann dann seine Anhänger auf verschiedene Aktivitäten verteilen - Attentate, Diebstahl, Spionage usw., und das Gelingen oder der Fehlschlag dieser Aktionen wird mit einem einzigen Wurf abgehandelt. Misslingt die Aktion auf dramatische Weise, so ist ein Prozess für den Anhänger die Folge, der ein eigenes Subystem erhält (mit Modifikatoren für Charisma, Bestechungsgeld usw).
Magische Forschung
Durch magische Forschung können Zauberer, wie sollte es anders sein, Zaubersprüche, magische Gegenstände und Rituale erforscht werden, was Gold, Zeit, Platz und Überreste von Monstern (!) erforderlich macht (und wo dann die Schnittstelle zu den anderen Regierungsmaschinen und zur Motivation, auf Abenteuer auszuziehen, liegt.
Magier müssen sich eine Zuflucht errichten (meist wohl der archetypische Turm), um Anhänger zu erhalten.
Außerdem beinhaltet dieses Kapitel die Erschaffung von Konstrukten, Untoten, und magischen Hybridkreaturen (wie dem Eulenbären oder dem als inoffiziellem ACKS-Maskottchen fungierenden Tausendfüßigen Klapperschlangenhai). Außerdem wird die Frage geklärt, warum Magier seltsame Gewölbe bauen - um Monster anzuziehen, die sie dann als Rohstoffquelle verwenden können.(Treffen sich zwei Magier. Fragt der eine den anderen: "Hey, wie läuft Dein Dungeon?" Sagt der andere: "Schlecht, letzte Woche hatte ich Abenteurer. Die haben mir meine Trolle gemust.")
Kleriker (und andere Priesterklassen) können einen Teil der Kosten durch "Göttliche Macht" substituieren, die sie durch Kongregationen (Scharen gläubiger Anhänger) und Blutopfer (für chaotische Kultisten) gewinnen. Hier spielt dann rein, wieviele gläubige Familien sich in der Domäne befinden, und die generelle politische Stimmung der Bevölkerung.
Kommt her, meine Schafe, damit ich Euch scheren kann.
Das war's in aller Kürze. Die Regierungsmaschine ist das Kernstück von ACKS, und als solche auf den ersten Blick, ungespielt, durchaus gelungen. Man muss vermutlich aufpassen, sich nicht in den Details zu verlieren, bzw. vom Grad der Details abschrecken zu lassen.
Es lässt sich vermutlich auch für andere Spiele gut plündern (ich denke da primär an die anderen Retroklone und Pathfinder, aber auch für MechWarrior kann ich mir ein ähnliches System vorstellen. Hmmh. MechWarrior. Hmmmh.)
Aber es ist schon ein wenig Arbeit, die man als SL vorab investieren muss.
Ich persönlich mag den Wabenmaßstab nicht so, werde das für mich vermutlich auf ein metrisches System umwandeln (10 km für die kleinen, 40km für die großen), und hab eh seit Jahren mein eigenes Kartenskalierungssystem (auf Karopapier basierend). Das mit der Verteilung der städtischen Bevölkerung und der ländlichen leuchtet mir noch nicht so ganz ein, aber vielleicht habe ich es beim Überfliegen auch nicht wirklich kapiert.
ACKS für MechWarrior umzufunktionieren, wird immer interessanter für mich.
4 Kommentare:
Vielleicht weil sich das hier: http://glgnfz.blogspot.de/search/label/WYRDWALL so ähnlich anhört?
Besten Dank für die Mühe!
Ich denke, ich werde mir ACKS nun selber zulegen.
:-)
@ Karsten: sehr gut möglich, muss mir wohl irgendwie im Hinterkopf geblieben sein, danke.
@ ghoul: jo, viel Erfolg damit!
Wegen des Maßstabs, ich finde den von Erin (Welsh Piper) sehr gelungen: Kleine Felder haben 5 Meilen, große 25 Meilen Durchmesser. Das entspricht ca. 8 km und 40 km, was wiederum näherungsweise mit 1 Stunde / 1 Tag Reisedauer übersetzt werden kann. Aber 8 km / 32 km wäre da fast noch passender bzgl. 1 Tag Reisedauer. Hmmm ... =)
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